Das geht ja gut los. Der Spezialist für Spaghettireifen bricht mir, noch bevor wir mein Bike auf den Radträger verfrachtet haben, das Tubelessventil mit einer Luftpumpe ab. Und so flicken wir den ersten platten Reifen noch in Hemsbach auf dem Wendehammer in der Karlsbader Straße. Egal. Es ist Freitag Nachmittag und die Wettervorhersage ist ordentlich. Endlich wollen wir mal in den Vogesen auf Tour gehen. So nah und trotzdem waren wir noch nie vor Ort.

Es ist viel Verkehr auf der A5 Richtung Süden. Deshalb wurde die erste Etappe unseres Vogesentrips auch ziemlich gekürzt. Wir starten in Selestat auf dem Parkplatz am Bahnhof. Nach ein paar km Radweg in der Ebene schlagen wir uns auf einer steilen Rampe vorbei am Château Haut-Koenigsburg in den Wald. Wir passieren einige Weiler, aber ganz langsam wird es einsamer und nach knappen 2h Fahrtzeit erreichen wir einen guten Platz für ein Nachtlager. Eigentlich sind wir gar nicht weit weg von einer Fahrstraße gelandet, aber das fällt nicht wirklich auf, da zwischen 21 Uhr und 6 Uhr morgens nicht mehr als drei Autos zu hören sind. Dafür gibt es mit einer Bank, einem Tisch und einer Feuerstelle einige Annehmlichkeiten, und nach Einbruch der Dunkelheit hören wir immer ein Käuzchen rufen. Ein einsA Spot für die erste Nacht.

Am nächsten Tag wird ausgeschlafen. Das Schnuffeltuch auf der einen Seite und der neue Schlafsack auf der anderen Seite erhöhen den Komfort in unserem Zelt derart, dass wir fast bis 10 Uhr brauchen, bis das Lager abgeschlagen ist und die Bikes wieder rollen. Aber das ist ja schließlich Urlaub - oder das, was wir uns darunter vorstellen.

Im Lauf des Vormittages und am frühen Nachmittag lernen wir die Vogesen dann von ihrer zähen Seite kennen. Wir gingen irgendwie davon aus, dass wir bis 14 Uhr am Col de la Schluch sind, aber schlussendlich sitzen wir erst gegen 17 Uhr an der Passhöhe und legen ein bisschen Zucker nach. Wir haben uns wirklich eine schöne Strecke rausgesucht, aber am Ende des Tages wird sich unsere Durchschnittsgeschwindigkeit bei 10.3 km/h einpendeln. Immer wieder steigen wir ab, schieben Steilstücke oder kämpfen uns im ersten Gang über technischen Singletrack der nicht dafür gedacht ist, rasch voran zu kommen.

Ab dem Col de la Schlucht wird es spektakulär. Nach einer kurzen Steilstufe führt unser Weg aussichtsreich immer am Kamm entlang. Auf Grund der fortgeschrittenen Uhrzeit lassen wir zwei gute Optionen aus für eine Einkehr. Langsam müssen wir an unser zweites Nachtlager denken. Hierfür haben wir uns einen kleinen See unten im Tal ausgesucht, auch um starkem Wind und niedrigen Temperaturen auf der Höhe aus dem Weg zu gehen. An der Ferme-Auberge Kastelberg versuchen wir vergeblich nochmal etwas Brot zu ergattern, erhalten nur Munster Käse - das Brot muss noch für die Gäste morgen reichen. Dafür erhalten wir aber von einem Freiburger, der öfter in der Gegend um Mittlach unterwegs ist, den Tipp bloß nicht am Lac De Fischboedle zu pennen, das wäre ein totales Schattenloch. Das war ein guter Mann. Hoch über Mittlach schlagen wir etwas abseits vom Weg unser Nachlager auf mit schönem Weitblick Richtung Osten

Die Aussichtsterasse

Es ist zwar etwas kälter in der Nacht, aber Zelt und Schlafsack reichen gut aus, sodaß wir uns bei angenehmen Temperaturen gut erholen können. Noch vom Zelt aus kochen wir einen Tee und beobachten den Sonnenaufgang. Spätestens ab jetzt steht fest, dass wir den Trip nicht vergessen werden.

Leider sind wir aber am Vortag nicht so voran gekommen, wie ursprünglich gedacht und die eigentlich geplante Runde ist für den heutigen Sonntag eindeutig zu lang. Was vor zehn Jahren noch zu größeren Klimmzügen geführt hätte, ist heute aber nur noch eine kurze Anpassung der Route auf dem Smartphone. Auf google maps ist auch im Handumdrehen sogar noch ein Bäcker ausfindig gemacht und so stehen wir kurz nach 8 Uhr mit Kaffee, Croissant und Munster Baguette in Mittlach am Dorfplatz und genießen ein gutes Frühstück.

Danach lässt die Planänderung dann direkt das nächste Highlight springen und wir stehen auf dem Petit Ballon, dem Dach unserer Tour und genießen die Aussicht über die umliegenden Gipfel, allen voran der Grand Ballon im Süden, und den Schwarzwald auf der anderen Seite der Rheinebene. Alleine sind wir nicht, ganz im Gegenteil, aber auf der folgenden Abfahrt Richtung Colmar lassen wir schnell die Massen hinter uns. Zuerst haben wir Spaß mit einem kniffligen Singletrail, vor allen Dingen mit unseren schwer bepackten Reiserädern, dann läuft es mit hoher Geschwindigkeit auf Forststraßen zurück in die Ebene.

In Eguisheim nehmen wir zum Abschluss am gut besuchten Marktplatz noch einen leichten Snack (not), um dann bei 8 Windstärken Gegenwind 30km zurück ans Auto zu fahren. Ich bin nach gut 1.5h ziemlich paniert und dankbar, dass ich mich jetzt einfach von Erik nach Hause fahren lassen darf.

Fazit: Die Vogesen liefern. Fühlt sich deutlich mehr nach Wildnis an, als unser Odenwald. Wir werden wieder kommen. Vielleicht sogar mal mit Übernachtung an einer der schön hergerichteten Hütten mit Hochlager und Feuerstelle?