Freitag, 2. August 2024

Elend lange beginnt dieses Jahr schon während der Anfahrt. Daher reißen wir Sellemol zweigeteilt an. Was die personelle Aufteilung angeht, als auch die Strecke. Ballerbreaks sind das Stichwort! Erste Zusammenführung in Christians Ballerbus findet am Bären in Niederbipp statt, dank hilfsbereiten Stadtverwaltern kein Problem - Probs gehen raus an Thomas Beer.

Bikes verladen und weiter geht’s ins Herz der Schweiz. Kurz hinter dem Genfer See haben wir unseren zweiten Zwischenstopp platziert. Und jetzt auch wirklich mit Trailkontakt. Dank des Ride Archivs haben wir uns eine schöne Einstiegsrunde in den Einkaufswagen gelegt, die es jetzt zu bezahlen gilt. Geparkt wird stilbewusst direkt hinterm Puff und der Einstieg wird hybrid erledigt: die historische Zahnradbahn von Aigle bringt uns hoch auf 1400 Meter. Von hier an kurbeln wir entspannt bis zum Trailhead: Ausblick und Wetter sind schon mal angemessen und machen Lust auf mehr. Auf dem Weg kommen uns irgendwelche Dudes in einem Pick-up entgegen und faseln was von einem Bikepark. Den Shuttleride bleiben sie aber schuldig und so strampeln wir weiter. Wir bleiben unserer Meinung treu, dass Bikeparks nichts für uns sind. Stattdessen gibt es noch einen Snack am lauschigen Stausee, bevor wir aber auch direkt in die Action starten.

Der sanfte Roll-In fällt heute ruppig aus: Es gibt direkt ausgesetzt und verblockt aufs Fressbrett. Bienvenue en Suisse! Aber auch das Ambiente macht keine Kompromisse: Lakeview und blühende Blumenwiesen - der Standard ist gesetzt! Nach den ersten Metern wird der Trail etwas flowiger und es geht in einen verwunschenen Wald. Wir haben Bock und einige Spitzkehren wollen gemeistert werden - wenn nicht jetzt dann vermutlich nie mehr in diesem Leben! Challenge accepted und wir liefern. Zufrieden nähern wir uns dem See. Die Köpfe werden im hiesigen Dorfbrunnen wieder auf normale Betriebstemperatur heruntergekühlt, bevor wir wieder den Ballerbus packen.

Lac Leman

Die Schweiz ist gut aber wir müssen weiter: Urlaub in Italien - Erobique immer beste und so donnern wir durch Tunnelgalerien über den großen Bernhard bis uns der Duft von Holy Aperoly entgegen weht. Aosta calling! Casa del Grillo calling! Okay, hier wurde vor allem auf Preis statt Leistung gesetzt. Wir haben viele Betten auf wenig Raum und viel Duft in der Luft. Alles eine Frage des Framing. Es zieht uns trotzdem nochmal in den fortgeschrittenen Abend - schließlich sind wir downtown: erstmal Pizza und Gelati in der Fußgängerzone und danach noch Bastelarbeit an Marks Hinterrad beim Digestif. Dann ist auch gut für Tag 1 und wir schnüffeln uns in den süßlichen Schlaf und träumen von hochalpinen Trails…

Samstag, 3. August 2024

Tag 2 beginnt, wie der erste Tag endet: Mit dem süßen Duft von Magnolie, Rosen und Bikerwindeln. Glücklicherweise müssen wir keine weiten Wege zurücklegen, um unsere Sachen zusammenzusuchen. Das ist schön und so können wir uns gleich zum reichhaltigen Frühstück einfinden: Es gibt süße Kekse und andere in Plastik Verpackte Köstlichkeiten - wir inhalieren das Dolce Vita mit Joghurt und Kaffee bevor es zur heutigen Tagesaufgabe geht. Das Ballerbriefing verkündet mit dem Banzaitrail ein besonderes Schmankerl der Region.

Auf dem Weg nach Cogne machen wir noch einen kurzen Zwischenstopp beim hiesigen Conad und füllen unsere Jausensackerl mit lokalen Köstlichkeiten und genießen noch einen Espresso a la banca. Jetzt aber ab zum Trailhead - punktgenau wurde die Straße nach Cogne nach einem massiven Erdrutsch wieder geräumt: wir parken im Zentrum des lauschigen Bergsteigerdörfchens und beginnen den Aufstieg über sanft ansteigende Forstwege gesäumt von blühenden Sträuchern, stets begleitet von summenden Bienchen und anderen Insekten. Immer wieder weisen Schilder auf die bilinguale Lebensweise der Region hin und so ist das heutige Dach der Tour, der Passo Invergneux, eher französisch geprägt.

Immer wieder begegnen uns Ebiker in Jeans Hotpants und anderen Stilblüten. Aber auch wir lassen uns heute stylemäßig nicht lumpen: die Bucket Hats sitzen tief und das Argentinienleiberl weht luftig um die Wampe. Hoffentlich ist der Träger ordentlich eingecremt! Es weht zwar ein kühlendes Lüftchen aber die Sonne knallt uns schon ordentlich in die Flanke.

Auf einem lauschigen Hochplateau machen wir nochmal ausgiebig Pause und gönnen uns Focaccia, Zucchini Pasta und Panettone während uns im Hintergrund ein Adler umkreist. Schee do! Wir füllen nochmal die Flaschen am eiskalten Bergbach, schultern die Bikes und machen uns an den finalen Aufstieg zum Col. Wer summt hier eigentlich Punksongs? Team Scheisse ist zeitgleich mit uns auf dem Sattel angekommen und wir freuen uns so sehr, dass wir spontan einen Moshpit aufmachen, bevor wir in den Banzaitrail starten. Mein Arsch fliegt durch die Luft, du Wichser! Du willst Stress mit mir? Mit nem Schmetterling? Bist du scheisse im Kopf?! Mit dem passenden Soundtrack im Ohr stürzen wir in den Trail und die Beschreibung hat nicht übertrieben. Wir flattern durch eine hochalpine Idylle über allerfeinste Trails und zeitlos stürzen wir Richtung Tal. An einem lauschigen Plätzchen an einem Bach nutzen wir die Gelegenheit für einen Nachmittagssnack und eine arschkalte Abkühlung. 4/4 Herrlich für das Gesamtpaket. Wir starten den Zieleinlauf nach Cogne, wo wir neben einem Blick auf den Gran Paradiso auch noch einen Aperol am Marktplatz mitnehmen. Weil es uns hier achso gut gefällt, entscheiden wir uns hier auch direkt das Dinner einzunehmen. Also kurz am Ballerbus frisch machen dank Aussendusche und ab in den feinen Zwirn. Alle werden satt und zum Abschluss gibt es noch die lokale Spezialität Crema di Cogne aka Schokopudding. Kann man machen, wiederholen muss aber auch nicht sein. Ab nach Casa del Grillo: Zeit den Tag abzuwrappen und sich dem Rosenduft hinzugeben…

Aufstieg zum Passo Invergneux

Sonntag, 4. August 2024

Lecker! Wir lachen mit der Sonne um die Wette bei abgepackten Croissants und Keksen im Joghurt. Für die heutige Mission gab es intensive Debatten über das Ziel. Noch gestern zum Einschlafen lachte uns ein Video des Mont Taou Blanc an, aber Christian meldete Bedenken bezüglich des Anspruchs. Nach längerem Hin und Her entschieden wir uns für eine Alternative: Und so serviert das Ballerbriefing heute eine aussichtsreiche Tour oberhalb des Vallesavaranche und damit den zweiten Ausflug in den Nationalpark Gran Paradiso.

Nach kurzem Zwischenstopp bei Conad (eine mittlerweile liebgewonnene Routine) sind wir auch schon unterwegs und verfeinern eine Tütensuppe mit einer Tütensuppe. Wir suchen uns einen schattigen Parkplatz und starten direkt in den Aufstieg. Es geht auf einem malerischen Uphilltrail durch einen Nadelwald. Steigung und Aussicht sind perfekt. Ebike-Thematiken werden beleuchtet, der Fresstimer läutet regelmäßig und hält den Motor schnurrend am laufen und wir steigen zügig auf. Die Schmetterlingsfreunde am Casa Reale di caccia de Orvieille lassen wir links liegen und fahren weiter bis wir am lauschig gelegenen Lago Djouan ankommen. Bei Pizzaschnitte und Rosinenbrot kühlen wir unsere Haxen im Wasser während wir schon mal die giftige Tragepasse zum Joch hoch spotten. Christian freut sich: Endlich darf er sein Bike tragen! Dafür gibt es als Belohnung einen traumhaften Blick auf den Gletscher des Gran Paradiso und eine bärenstarke Abfahrt, die alles bietet, was des Ballerboys Herzen hüpfen lässt. Hochalpin, felsig, flowig über Wiesen und technisch mit wenig Gefälle.

Wir machen noch einen Cola & Chips Stopp mit tausend motorisierten anderen Touristen am Rifugio Savoia. Aber irgendwie fühlen wir uns hier fremd und wollen vor allem wieder weiter. Laut Briefing schließt ein S5 Trail unseren Tag ab. Wir sind in ehrfürchtiger Erwartung, während wir erst mal eine Highspeedflowpassage unter die Stollen nehmen. Was folgt ist ein Trail der ganz besonderen Art: Extrem abwechslungsreich über Slick Rocks, flowig über Wiesen und enge, staubige Kehren immer an einem rauschenden Bachlauf entlang. Christian testet eindrucksvoll die Klettereigenschaften der Onzas auf den Steinplatten. Hinter einer Kehre erwartet uns ein Topbadespot den wir nicht unbeplanscht lassen können - so herrlich hatten es unsere blanken Ärsche nur selten. Ähnlich breit ist unser Grinsen. Nach der Premiumabkühlung sind wir bereit, unser gesamtes Spektrum auszureizen: Der S5-Trail verlangt uns alles ab, aber wir sind durch die Bank zufrieden mit unserer Performance und ernten anerkennende Blicke der Wanderer. Staubig vom Trail werden wir kurz oberhalb des Campingplatzes Pont Bruil ausgespuckt.

Wir blasen jetzt die letzten Meter mit wehenden Trailhemden die Asphaltstraße zum Auto runter bevor wir unter der Outdoordusche unser wohlverdientes Kaltgetränk genießen. What a Day! Was an diesem göttlichen Tag noch fehlt, wäre eine Audienz beim Papst. Und so finden wir uns ein paar Minuten später auf der Gartenterrasse des Pontifex im Abendlicht bei Pizza und Aperyolo. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt das Ziel für Morgen - der Gipfel der Punta Leysser…wohlig fallen wir in unsere Kinderbetten, während der Traum von Andy zu Mark überspringt…

Montag, 5. August 2024

Das Casa del Grillo und wir gehen ab heute getrennte Wege. Ein letztes Mal Frühstück im Duft einer 13jährigen Teenagerin, die ihren kompletten DM Gutschein in Parfum umgesetzt hat. Man soll gehen, wenn es am schönsten ist.

Heute steht nur ein Uphill an zum Rifugio Monte Fallere. Bergab machen wir Pause. Deshalb lassen wir’s gemütlich angehen, während die Temperaturen steigen. Da wir zum ersten Mal auf 700 m ganz unten im Aostatal starten, handeln wir uns dadurch eine amtliche Hitzeschlacht ein. Zu Beginn der Tour sind wir nur auf Asphalt unterwegs, der die Hitze erbarmungslos von unten in die Bucket Hats umlenkt. Am späten Nachmittag bewegen wir uns ohne Schatten auf einer Sonnenterrasse weit oberhalb des Aostatals bei 35 Grad. Zum Glück plätschert es immer mal wieder und so stehen wir häufig an fließendem Wasser, um uns zu erfrischen.

Einen besonders idyllischen Spot finden wir nach guten 1000 Höhenmetern in Vetan mit einem Brunnen im Schatten, den wir zu einem ausgiebigen Käsevesper mit Fontina nutzen. Vom Timing her nicht ganz ideal, denn 1 km weiter wartet die nächste Einkehr im Restaurant Vetan mit hausgemachten süßen Köstlichkeiten. Egal, dann machen wir halt mehrfach Pause hintereinander. Die Schnappsidee am heutigen Tag noch den Mont Fallere in Angriff zu nehmen ist bei den aktuellen Temperaturen und Fitnesszuständen in der Reisegruppe sowieso unrealistisch.

Deshalb reißen wir uns auch im Folgenden kein Bein aus, lassen es gemütlich angehen auf unserem Weg zum Rifugio Fallere. Dennoch kommen wir dort frühzeitig an und staunen nicht schlecht über das Freilichtmuseum mit unzähligen Holztieren. Besonders feiern wir die Bademöglichkeiten vor Ort, die zum ersten Mal auch von Christian genutzt werden.

Die Liegestühle auf der Veranda werden auch zuerst gefeiert; für Mark werden sie aber zum Verhängnis, als er sich beim Aufstehen unglücklich den Knöchel vertritt. Zuerst ist es nur ein kurzer stechender Schmerz, der schnell wieder nachlässt, aber dieses Missgeschick wird die Truppe später nochmal einholen.

An diesem Tag steht aber erstmal ein Essen an, und das Hüttenteam liefert von der Suppe über Primi und Secondi hin zum Dessert fett ab. Es gibt Rotwein, die Stimmung ist bombig und wir beschließen, auch wegen der brillianten Wettervorhersage, den morgigen Gipfel zum Sonnenaufgang zu machen.

Dienstag, 6. August 2024

Der fünfte Tag beginnt im Dunkeln, aber dennoch mit einem ordentlichen Frühstück. Wir haben gestern unserem Hüttenwirt verklickert, dass wir zum Sonnenaufgang auf dem Punta Leysser stehen wollen. Wir hätten gern bereits am Vorabend bezahlt und er solle uns doch bitte einfach nur etwas Müsli hinstellen zum Frühstück. Das kam aber nicht in die Tüte. Gezahlt wird am Abreisetag und Brot, Käse und Marmelade liefert der Chef persönlich - auch um Uhres.

Wir haben’s aber eilig, die Sonne wartet nicht auf uns. Deshalb brechen wir zielstrebig in der Dämmerung auf. Da wir keine guten Lampen dabei hatten, haben wir uns dazu entschieden, nicht komplett im Dunkeln aufzubrechen. Unsere Überlegungen, dass wir den Trail zum Gipfel dadurch gut sehen können und gleichermaßen zügig wie sicher vorankommen, gingen auf - fast ein bisschen zu gut. Die 300hm zum Gipfel halten uns zwar nicht lange auf, auch wenn mal einiges tragen musste. Die ersten Sonnenstrahlen erwischen uns aber trotzdem bereits knapp unterhalb des Gipfels, kurz vor einer etwas luftigeren, seilversicherten Passage. Andy hat mittlerweile den ersten Platten und Marks Fuß hat sich auch schon wieder gemeldet, schmerzt im Knöchel unkalkulierbar beim Steigen. Das stört aber niemanden so wirklich. Das Panorama nach Süden zum Gran Paradiso und nach Westen zum Mont Blanc nimmt alle Sinne ein. Es ist keine Wolke am Himmel, magisches Licht setzt die gigantischen Bergmassive in der Ferne und Felder von Edelweiss unmittelbar zu unseren Füßen gleichermaßen in Szene. Am Gipfelkreuz auf 2771 m wird der Platten versorgt, gevespert und eine Menge Photos geschossen. Dann folgt eine endlose, aussichtsreiche Abfahrt auf dem Kamm. In weiten Teilen ist der Trail extrem flowig auf griffigen, erdigen Trails, wird aber immer wieder durch kurze Gegenanstiege unterbrochen. Auf dem Vorgipfel Punta Oilletta auf 2625 m werden wir von einer Herde Ziegen gestoppt. Uns allen ist erst nicht ganz klar, wie wir aneinander vorbei finden, aber schlussendlich klappt’s. Hier wird der Trail steiler, aber nie wirklich schwer. Wir machen die Bremsen auf und fliegen Richtung Aosta, was 2000 m unter uns wartet, und schauen immer wieder nach rechts zum großen Weißen, der 2000 m über uns thront. Irgendwann hat Andy den zweiten Platten, das nervt aber auch niemanden. Unsere restliche Tagesaufgabe ist überschaubar und bereits jetzt haben wir einen Deluxe Trail inklusive unvergesslichem Sonnenaufgang im Gepäck.

Nachdem wir wieder mehr als 1 bar in Andys Hinterrad hatten, machen wir uns weiter nach unten. Ab 1500 m ändert sich der Weg und wir queren, teilweise stark ausgesetzt und extrem zugewuchert, aber immer mit Mörderaussicht ins Aostatal, Richtung Westen nach La Salle, wo wir gestern den Ballerbus deponiert hatten. Leider verliert Mark auf dem Trail seinen heißgeliebten Midlayer an einen unbekannten Dornbusch.

Auf dem Parkplatz machen wir uns breit rund um den Ballerbus, trocknen ein paar Klamotten und planen den nächsten Besuch bei unserem Stammlokal Conad. Auf dem Weg nach Courmayeur findet sich aber keine passende Einkehrmöglichkeit. Wir parken den Ballerbus vor den Toren der Stadt auf einer Mischung aus Müllhalde, Parkplatz und ÖPNV Depot. Die Innenstadt der italienischen Alpinistenhauptstadt hat zum Trost einen veritablen Focaccia Dealer zu bieten, der uns auch satt machen wird.

Obwohl wir am Vormittag noch nicht allzu viele Höhenmeter vernichtet haben, zieht sich der Uphill durchs Val Veny für die Reisegruppe wie Kaugummi. Der Planet brennt wieder, es sind einige Touristen, insbesondere aus Asien, auf der Tour du Mont Blanc unterwegs und wir brauchen eine ganze Weile bis wir den Autoverkehr ab ca. 1700 m hinter uns lassen. Die Blicke zu den Mont Blanc Gletschern und den Aiguillen sind spektakulär, werden aber durch die Massen an Leuten, mit denen wir das Panorama teilen müssen, verwässert.

Ab 2000 m wird der Weg deutlich steiler, stellenweise müssen wir die Bikes schieben, aber bald erreichen wir mit dem Refugio Elisabetta das heutige Tagesziel. Insbesondere die Aussichtsterrasse direkt gegenüber des Ghiacciaio della Lex Blanche hoch über dem Val Veny ist spektakulär. Wir sind bereits um 16 Uhr an der Hütte und haben noch genügend Zeit für Personenstudien vom Adilettenebikepapa ohne Helm bis zum Asiatrek mit kompletter Reinhold Messner Ausrüstung. Bald kehrt aber Ruhe ein und das Tal entfaltet im Abendlicht seine komplette Schönheit.

Das Abendessen in der Hütte ist dann eher mittel. Mit dem Vorabend kann man nicht mithalten, insbesondere die vegane Variante enttäuscht. Der Schlafsaal ist mit dreistöckigen Stockbetten ausgestattet. Wir liegen ganz oben. Das hat den Vorteil, dass es muggelig warm ist und den Nachteil, dass wir den kompletten Gestank von insgesamt 458 Tagen auf dem Tour du Mont Blanc Trek verteilt auf 40 ungewaschene Füße in der Nase haben. Keine Rosen. Keine Magnolien. Wenn man die Oropax nicht an anderer Stelle gebraucht hätte, wären sie in dieser Nacht in die Nase gewandert.

Mittwoch, 7. August 2024

Der letzte Tag des Ausflugs beginnt beengt und früh in der dritten Etage des Hochbetts. Wir haben uns die Uhren gestellt, um den Sonnenaufgang zu sehen, bewältigen den Balanceakt aus dem Hühnerkäfig zu entkommen nach der nächtlichen Pinkelpause zum zweiten Mal, ziehen uns warm an und schleichen uns rechtzeitig nach draußen vor die Hütte. Andy wird die Nacht später in seine Top 3 der schlechtesten Hüttenübernachtungen wählen.

Val Veny

Der Sonnenaufgang an diesem Tag ist nicht mit dem wolkenlosen Feuerwerk am Vortag zu vergleichen. Die Sonne bleibt teilweise hinter Wolken versteckt und entwickelt nur wenig Kraft über dem ruhigen Val Veny. Dennoch ein toller Moment, um nochmal die vergangenen Tage Revue passieren zu lassen, alleine die Natur zu geniessen, oder - wie Mark - den kritischen Abbruch der Tour zu planen. Sein Knöchel ist stark geschwollen und die Belastung bergauf und bergab führt immer wieder zu stechenden Schmerzen. Eigentlich war für heute nochmal ein Highlight geplant mit einer aussichtsreichen Gipfeltour hoch überm Val Veny, aber in dieser Form macht das für Mark wenig Sinn und die Truppe entscheidet sich solidarisch gemeinsam die Abfahrt anzugehen. Oder haben Andy und Christian auch keinen Bock mehr und wollen auf die Autobahn?

Bergab durchs Val Veny vom Refugio Elisabetta findet sich nur wenig Trail, die Landschaft steht im Vordergrund, vor allen Dingen im oberen Teil des Tals bevor wir wieder unter die Baumgrenze tauchen. Nach einer kurzen Episode direkt nach der Hütte sind wir zurück auf der Aufstiegsroute, wo wir auf Forststraßen schnell Höhenmeter vernichten. Nur selten machen wir rechts und links einen kleinen Schlenker, um den Trailanteil zu erhöhen. Zuletzt machen wir noch einen Abstecher in die gigantische Moränenlandschaft des Brenvagletschers, dann gelangen wir fix über Asphalt zurück zu unserem Focaccia Dealer in Courmayeur Downtown und kurz danach zum Ballerbus.

Val Veny

Die Handgriffe sitzen. Wir sind mittlerweile ein gut eingespieltes Team beim Zusammenpacken und Beladen, stehen bald in der Schlange zum teuersten Tunnel der Alpen. Die Rückfahrt über Valorcine und Martigny ist aussichtsreich. An der Schweizer Grenze schmusen wir kurz mit einem Pappmascheedino in Übergröße, kaufen aber keine Schoki.

Wir kommen problemlos nach Niederbipp zurück zum Parkplatz am Bären, wo niemand Andys Karre abgeschleppt hat. Noch ein paar Stunden auf der Autobahn und dann ist Elendlang schon wieder vorbei.

Fazit

Mark

  • Elendlang - vielleicht reichen auch 5 Tage.
  • Highlights waren für mich auf alle Fälle Punta Leysser zum Sonnenaufgang und Gran Paradiso an Tag 3.
  • Die Westalpen entwickeln sich immer mehr zum Sehnsuchtsort. Aosta und Gran Paradiso machen Lust auf mehr.
  • Mein Körper hat mich enttäuscht. Ich bin alt. Nächstes Jahr werde ich jünger anreisen und es darf wieder etwas dümmer werden.
  • Der Wal braucht nen Service!

Christian

  • Elend-5-Tage-lang sind genau richtig - intensiv, aber nicht zu viel. Wenn’s dann auch noch ausreichend dumm und hinreichend durchdacht ist, noch besser!
  • Tage 2 und 3 haben den Vogel abgeschossen: Trail-Schwierigkeit für mich top, Panorama absurd gut, genau die richtige Mischung aus Fahren und Tragen.
  • Das Rifugio Monte Fallere gewinnt den Unterkunfts-Oscar: Schlafen, Essen, Aussicht - alles Bombe.
  • Schöner als der Moment auf 2771 m kurz nach Sonnenaufgang geht’s nicht - Endorphin-Rausch.
  • Kategorie “Beste Badewanne” geht klar an den Monte Fallere - wer hätte gedacht, dass ich auch mal Planschen gehe!?
  • Das Aostatal bleibt der Place-to-be: Italienisches Flair, grandiose Trails, Westalpen-Vibes - da will ich wieder hin.
  • Das will ich auch wieder: Die Mischung aus Tagesausflügen und Mehrtagestouren mit Hütten-Overnightern.

Andy

Marks Körper ist die reinste Enttäuschung. Immerhin stimmt die Optik noch. Ansonsten reichen dem sicher auch 5 Tage. Mir aber auch. Schlafen auf Hütten wird wohl dieses Leben auch nicht mehr erholsamer. Die Westalpen sind mein neuer Lieblingsspot - das Aosta Tal mit dem italienischen Flair ganz besonders. Glen ist ein reiner Guter. Dumm genug für alles was noch kommen mag.